Die Bahnstreiks 2021 – Ein Überblick

Bahnstreiks sind nervig für alle Bahnreisenden. Und für Pendler können sie zum Verhängnis werden. Aber jetzt wird schon zum dritten Mal innerhalb eines Monats gestreikt. Doch warum eigentlich?

Aber erst einmal zu den Basics. Alle Arbeitnehmer in Deutschland haben das Recht eine Gewerkschaft zu gründen bzw. sich einer anzuschließen. So sind die Triebfahrzeugführer, besser bekannt als Lokführer, in zwei Gewerkschaften organisiert. Einmal die Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft (EVG) und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), wobei die EVG deutlich mehr Mitglieder hat (184.090 Mitglieder zu 37.000 Mitglieder). Damit es aber keine zwei Klassen Gesellschaft wie in den Zügen geben kann, gibt es das sogenannte Tarifeinheitsgesetz. Das bedeutet, dass in jedem Betrieb, und die DB hat viele Unterbetriebe, der Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft gilt; und das für alle, unabhängig von der eigenen Gewerkschaft.

Nun zu der Geschichte, die den aktuellen Streik zu verantworten hat. Womit beginnt alles? Richtig, wie könnte es anders sein: Corona! Die Bahn hat wirtschaftlich schwer gelitten und hat deshalb mit der EVG letztes Jahr einen Vertrag ausgehandelt, in dem die Bahn den Beschäftigten Stabilität der Arbeitsplätze zusichert. Dafür müssen die Beschäftigten Zitat „intelligente, sozial ausgewogene und ökologisch sinnvolle Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung“ mittragen. Klingt etwas unausgeglichen, dachte sich Claus Weselsky Chef der GDL und warnte vor Verlust der Tarifautonomie, durch Sparzusagen der Arbeitgeber. Ungestört davon einigten sich DB und EVG schon im September des Jahres auf einen Tarifvertrag mit Lohnsteigerungen entsprechend der Inflation ab 2022 und außerdem auf eine Erweiterung des Kündigungsschutzes.

Die GDL lehnte im Oktober Tarifverhandlungen ab, weshalb die DB einen externen Streitschlichter dazu rief. Dieser schlug eine Lohnerhöhung von 1,5% und eine Corona-Prämie zwischen 600 und 800 Euro vor. Die Bahn stimmte dem zu, wollte das aber zudritt mit der EVG vereinbaren. Das wollte die GDL aber nicht, weil sie, schon wieder, sich in ihrer Tarifautonomie angegriffen fühlte. Das bestreitet die Bahn.

Angekommen in diesem Jahr, genauer gesagt Ende Januar 2021, rief die Bahn erneut zu Tarifverhandlungen auf. Anfang März gab die GDL dann ihre Forderung bekannt: Einen Flächentarifvertrag für das ganze Personal, egal welche Gewerkschaft die Mehrheit hat, mit einer Entgelterhöhung von 4,8% und einer Corona-Prämie von 1300 Euro. Verständlicherweise wies die Bahn diese Forderungen als unrealistisch zurück. Rechnerisch würde diese Forderungen die Kosten für die Mitarbeiter in den Bereichen, in denen bisher ein anderer Tarif galt, angeblich um 46% steigern.

Mitte April gab es dann endlich Tarifverhandlungen, die bis Mitte Mai andauerten. Am Ende machte die Bahn ein Angebot, das unter anderem eine Lohnerhöhung von 1,5% mit einer Laufzeit bis 2023 beinhaltet. Laufzeit bedeutet, dass Ruhe sein muss und keine Arbeitskampfmaßnahmen (Streiks der Arbeitnehmer und Lohnentzug durch den Arbeitgeber) stattfinden dürfen.

Pfingstmontag ging der GDL Spitze dann ein Licht auf. Und zwar sind sie von vielen harten Positionen abgerückt, die sie eigentlich hatten, wie der angesprochene Flächentarifvertrag und eine Diskussion über die Gehälter von Führungskräften.

Ein paar Tage später aber die 180° Wende. Die GDL wollte wieder eine Erhöhung, die dreifach so hoch ist wie die des Öffentlichen Dienstes, dabei hat die DB angekündigt, sie wolle sich an dem Tarifabschluss der Mitarbeiter von Flughäfen orientieren. Nach einigem hin und her von Vorwürfen und förmlichen Beleidigungen wurden die Tarifverhandlungen für gescheitert erklärt.

Das bedeutet nun? Richtig: Streiks! Am 10 August stimmten 95% der GDL Mitglieder für Streiks. Mit unter 24 Stunden Vorlaufzeit. 75% der DB-Züge mussten ausfallen. Andere Bahngesellschaften wie FlixTrain oder National Express konnten aber fahren, das Stellwerk zum allergrößten Teil besetzt werden konnten. Trotzdem waren für zwei Tage Millionen von Reisenden stark betroffen.

Selbst danach hatte die GDL Lösungsbereitschaft nicht auf ihrem Fahrplan. Denn selbst nachdem die DB den Forderungen sehr nah kam, wollte die GDL nicht weiter verhandeln und schmiedete deshalb den nächsten Streik. Die Bahn versuchte die Streiks noch zu verhindern indem sie eine Corona-Prämie in Aussicht stellte. Das hatte aber auch keine Wirkung, da Claus Weselsky (Chef der GDL) darin nur ein Scheinangebot sah. Also der zweite Streik, diesmal konnten 30% des Angebots aufrechterhalten werden. Da alle guten Dinge drei sind (anscheinend auch alle schlechten), ging das ganze am letzten Donnerstag (02.09.) von neuem los. Diesmal für ganze fünf Tage. Und jetzt?

Jetzt steht die DB vor einer Zwickmühle. Würden sie den Forderungen im Detail nachgeben, hätten sie erstens eine Kostensteigerung, zweitens wäre die EVG dann womöglich gereizt und würde ebenfalls streiken, um den gleichen Lohn zu bekommen, also noch mehr Kostensteigerung. Nun könnte wiederum die GDL möglicherweise beleidigt und so weiter. Wenn sie den Forderungen nicht nachgeben, ist glaube ich ziemlich klar was passiert.

Nun Schluss mit Fakten. Ich und so manch anderer, wie der Chef der EVG Klaus-Dieter Hommel denken, dass es der GDL nicht um bessere Konditionen für die Mitarbeiter geht, sondern um mehr Macht, denn wenn sie einen leicht besseren Tarifvertrag hat, kämen mehr Mitglieder zur GDL. Und nur um einen internen Machtkampf auszutragen, Millionen von Reisenden zu beuteln, ist nicht akzeptabel. Es gibt sogar Berichte von GDL Mitgliedern, die ihre EVG-Kollegen beleidigen und sogar Morddrohungen versenden. Diese kann ich aber nicht verifizieren.

Was ist eure Meinung zu dem Thema? Was ist eure schlimmste Streikerfahrung? Lasst es uns in den Kommentaren wissen.

Photo by Pixabay

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*