Im Interview mit Frau Köhl (Diplom-Sozialpädagogin)

Bereits seit vergangenem Dezember steht den Schülerinnen und Schülern des MBGs neben unserem Schulseelsorger, Herrn Fischer, Frau Köhl von der Diakonie in Neuwied als Sozialpädagogin zur Seite, wenn wir gerne Ratschläge oder Hilfe bei schwierigen Situationen oder Problemen einholen möchten. Wir von der StilEcht-Redaktion durften Frau Köhl in ihrem Büro im F-Trakt über dem Raum der Stille besuchen und Genaueres für euch in Erfahrung bringen.

StilEcht: „Aus welchen Gründen kann man zu Ihnen in die Sprechstunde kommen?“

Frau Köhl: „Die Gründe, aus denen die Schülerinnen und Schüler zu mir kommen, sind sehr vielfältig. Häufig geht es um den Stress, den man hat, da man das Klassenziel in der Schule nicht bewältigen kann oder auch eigen gesetzte Ziele oder Wünsche nicht so umsetzen kann, wie man gerne würde. Der Druck und der Stress, die dadurch entstehen, können dann schnell zur Belastung werden.

Auch eine Trennung oder Scheidung innerhalb der Familie sind ein Thema, mit dem Schülerinnen und Schüler häufig zu mir kommen. Trennen sich beispielsweise die Eltern, entsteht je nach Familiensituation oftmals eine Art Loyalitätskonflikt, da das Kind sich vor die Wahl gestellt fühlt, welchem der beiden Elternteile es nun zuhalten soll. Neben der Trauer um die Trennung entsteht dann zusätzlicher Stress, aber auch Konzentrationsschwierigkeiten treten auf, die schnell zur Belastung für die Psyche werden können.

Es ist auch schon vorgekommen, dass Eltern bei mir in der Beratungsstelle vorbeigekommen sind und von ihrer Trennung erzählt haben, damit ich mich bei dem Kind vergewissere, ob es ihm gut geht.

Es gibt aber auch ganz andere Gründe, aus denen Schülerinnen und Schüler mit mir reden möchten. Das kann die Angst davor sein, im Unterricht aktiv mitzuarbeiten und sich vor der Klasse zu behaupten. Die Schülerinnen und Schüler wissen häufig nicht, wie sie mit ihrem eigenen Selbstsicherheitsmangel umgehen und vor allem wie sie dagegen vorgehen können, damit es besser wird.

Das sind nur einige Beispiele. Allgemein lässt sich sagen, dass selbstverständlich jeder aufgrund der verschiedensten Anliegen zu mir kommen kann, wenn er oder sie lieber nicht mit den Freundinnen und Freunden, der Familie oder den Lehrerinnen und Lehrern darüber sprechen möchte.“

StilEcht: „Von wann bis wann finden Ihre Sprechstunden denn statt? Sollte man im Vorhinein einen Termin mit Ihnen vereinbaren oder darf man auch kurzfristig ohne vorherige Anmeldung bei Ihnen vorbeischauen?“

Frau Köhl: „Meine „offenen Sprechstunden“ in der Schule finden montags von 10:30 Uhr bis 12 Uhr und dienstags von 13 Uhr bis 14:30 Uhr statt. In dieser Zeit kann man einfach zu mir kommen. Für feste Termine habe ich montags von 9 Uhr bis 10:30 Uhr und dienstags von 14:30 Uhr bis 16 Uhr für euch Zeit. Am besten ist es, vorher per E-Mail einen Termin mit mir zu vereinbaren, da es unter Umständen sein kann, dass ich bereits in einem Gespräch bin, wenn jemand kurzfristig kommen möchte.

Sollte es ein dringender Termin sein, könnt ihr mich auch über E-Mail (koehl@diakonie-neuwied.de) erreichen und wir können einen Termin für eine Videokonferenz oder ein Telefonat außerhalb der Zeiten, in denen ich in der Schule bin, vereinbaren. Allerdings bin ich kein Krisentelefon, das heißt, ich werde euch keine Gespräche in der Nacht, früh am Morgen oder am Wochenende anbieten können. Auch in den Ferien stehe ich nicht immer zur Verfügung.

Außerdem ist es kein Problem, während des Unterrichts zu mir zu kommen. Die meisten von euch haben während meiner Sprechstundenzeiten ja regulären Unterricht, die Lehrerinnen und Lehrer wissen aber Bescheid und werden euch nicht aufhalten, wenn ihr ihnen kurz sagt, dass ihr zu mir möchtet.“

StilEcht: „Die zahlreichen Tierfiguren, die Sie hier in Ihrem Büro stehen haben – sind die dazu da, um Situationen besser oder einfacher darstellen zu können?“

Frau Köhl: „Ja, unter anderem. Ich arbeite gerne mit Tierfiguren, da es dann leichter fällt, sich mit ihnen zu identifizieren. Es kann beispielsweise helfen, sich bewusst zu machen, als welches Tier man sich selbst und als welches man seine Mitmenschen ansehen würde. Allerdings verwende ich extra weich gestaltete Figuren, um keine Angst auszulösen oder andere zu verletzen. Wenn beispielsweise ein Kind und seine Eltern bei mir in der Beratungsstelle vorbeischauen und das Kind ein Krokodil auswählt, um den Vater zu symbolisieren, kann das für diesen sonst etwas erschreckend wirken. So sehen die Figuren aber weniger bedrohlich aus.

Die Tiere können auch dabei helfen, Gefühle darzustellen und sich zugleich ein Stück weit von sich selbst zu distanzieren. Manchen fällt es auch leichter, dem Tier zu erzählen, wie man sich fühlt und sich dadurch selbst zu reflektieren. Das muss man nicht zwingend mit einer Tierfigur machen, man kann dafür auch jeden anderen beliebigen Gegenstand nutzen, zum Beispiel die Muscheln, die ich hier im Regal liegen habe.

Die Arbeit mit Symbolen bringt jedoch auch die Gefahr mit sich, dass man zu viel in ein Tier hineininterpretiert, was auch nicht zielführend ist.“

StilEcht: „Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit?“

Frau Köhl: „Ich wandere gerne und mag es, Städtetouren zu unternehmen, wenn die Zeit es zulässt. Außerdem verbringe ich viel Zeit mit der Familie und trinke gerne Kaffee mit Freundinnen. Ich mag es auch zu lesen und Filme zu schauen, auch wenn ich durch Corona leider schon lange nicht mehr im Kino war. Ein besonders schöner, schon älterer Film ist für mich z.B.: „Saint Jacques…Pilgern auf Französisch“ von Coline Serreau. Kürzlich habe ich ein Buch mit dem Titel „Yoga“ von Emmanuel Carrère geschenkt bekommen. „Le Monde“ schrieb darüber: „Was das Buch zusammenhält, ist die große Frage, die alle Bücher von Emmanuel Carrère durchzieht: Wie sollen wir leben? Wie können wir den eigenen Körper und Geist bewohnen? Wie müssen wir mit dem Chaos der Welt umgehen, das einen immer wieder einholt und alle Hoffnungen, die man sich gemacht hat, zerstört?“ Ich freue mich schon darauf, es anzufangen. Ansonsten lese ich hauptsächlich Bücher, die sich mit dem Lebenssinn oder auch mit Wissensvermittlung beschäftigen. Manchmal lese ich auch gerne wieder Kinderbücher, wie zum Beispiel „Momo“, „Der kleine Prinz“, „Pippi Langstrumpf“ oder „Die kleine Hexe“.“

StilEcht: „Gibt es etwas, dass Sie uns gerne mit auf den Weg geben möchten?“

Frau Köhl: „Ich möchte gerne folgendes betonen. Des öfteren höre ich davon, dass Schülerinnen und Schüler sagen „Ich bin doch nicht psycho.“. Dabei muss es überhaupt nichts mit einer psychischen Krankheit zu tun haben, wenn sich jemand dazu entschließt, das Gespräch mit mir zu suchen. Ein Gespräch kann auch dabei helfen, auf andere Gedanken zu kommen oder einen neuen Blickwinkel auf ein Problem oder eine Situation zu erlangen. Ihr Schülerinnen und Schüler könnt gerne jederzeit auch mit kleineren Dingen zu mir kommen, zum Beispiel wenn ihr euch mit Opa gestritten habt und euch das noch nachträglich zu denken gibt, oder wenn ihr einen Film gesehen habt, dessen Thema euch seitdem nachhängt. Oder ihr seit mit dem Fahrrad gestürzt und habt seitdem Angst davor, erneut mit dem Fahrrad zu fahren und wisst nicht recht, wie ihr mit dieser Angst umgehen sollt oder wie ihr dagegen vorgehen könntet.

Nur weil das im ersten Moment nicht besonders dramatisch erscheint, heißt das nicht, dass es deswegen unbedeutend ist, im Gegenteil. Was für den einen wie eine Kleinigkeit wirkt, kann für den anderen gar nicht so klein sein und zur Belastung werden.

Ihr könnt auch in solchen Fällen gerne zu mir kommen und ich helfe euch dabei herauszufinden, was genau das eigentlich ist, was euch so sehr zu denken gibt, wenn ihr noch nicht so recht wisst, wie ihr das für euch selbst einordnen sollt. Natürlich sind die Folgen auch ein Faktor, der mit einbezogen werden muss. Es macht beispielsweise in dem Fahrradbeispiel einen Unterschied, ob ihr „nur“ gestürzt seit – was an sich bereits schlimm genug sein kann –, oder ob euch dabei noch jemand gesehen hat, den ihr kennt und der darüber gelacht hat. Auch das kann einem anschließend noch nachhängen.

Es kann immer ein Weg gefunden werden, damit es wieder besser wird, auch wenn man den im Augenblick nicht sieht. Gerade jetzt, wo die Medien gefüllt sind von schlechten Nachrichten und es einem besonders schwerfällt glücklich zu sein: Es wird wieder besser!

Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass ich unter Schweigepflicht stehe. Das heißt alles, was gesagt wird, bleibt ausschließlich unter uns, es sei denn, ich bemerke, dass eine Gefahr für euch selbst oder euer Umfeld bestehen könnte.

Außerdem möchte ich mich dafür bedanken, wie freundlich, hilfsbereit und offen ich hier am MBG empfangen wurde.

StilEcht: „Vielen Dank für das interessante Interview!“

Frau Köhl: „Vielen Dank an euch für eure Arbeit!“

Dieses Interview wurde von Paula Strüder und Marie Spohr geführt.

Foto von Frau Köhl

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