Oppenheimer – Der „Vater der Atombombe“ in den Kinosälen

„Now, I am become Death, the destroyer of worlds.“

Dieses Zitat Julius Robert Oppenheimers aus einem Interview von 1965, das wiederum aus der Bhagavad Ghita stammt und von ihm mehr oder weniger frei übersetzt wurde, ist wohl das bekannteste Zitat Oppenheimers – und findet aktuell wegen des gleichnamigen Filmes große Bekanntheit.

Wer war eigentlich der reale Oppenheimer und was zieht Millionen von Menschen in die Kinos, um den dreistündigen Film von Regisseur Christopher Nolan, dem Kopf hinter berühmten Filmen wie den Batman-Filmen, „Interstellar“, „Inception“, „Tenet“ und „Dunkirk“, zu sehen?


Oppenheimer: Hochbegabt, mit verheerendem Erbe

Von der akademischen Laufbahn…

Julius Robert Oppenheimer, geboren am 22. April 1904 in New York City, war der Sohn eines jüdischen Einwanderers aus Deutschland. Und er war begabt, sehr begabt sogar. 1922 studierte er an der Harvard-Universität mit dem Hauptfach Chemie, um 1925 sein Studium mit summa cum laude, der höchsten Auszeichnungsstufe, abzuschließen. Das war jedoch erst der Anfang Oppenheimers akademischer Laufbahn. Anschließend besuchte er das Cavendish Laboratory der Cambridge University und studierte von 1926 bis 1927 an der Universität Göttingen, an der er promovierte. Schließlich ging es für ihn auch noch an die Harvard University und das California Institute of Technology. Nach alldem hatte er schließlich Chemie, Physik, Mathematik und Philosophie studiert.

Besonders faszinierte ihn jedoch die Quantentheorie und -mechanik. 1926 veröffentlichte er mehrere Arbeiten, sodass er die Beachtung Max Borns, Nobelpreisträger in Physik von 1954 für seine fundamentalen Beiträge zur Quantenmechanik, erhielt. Dadurch kam er schließlich in den Austausch mit den bedeutendsten Atomwissenschaftlern seiner Zeit – und wurde schließlich selbst zu einem der Wissenschaftler der Quantenmechanik. Allein von 1926-1929 veröffentliche Oppenheimer sechzehn Beiträge zur Quantenphysik.

…zur Entwicklung der Atombombe…

Einige Jahre später tobte der Zweite Weltkrieg. Dass das nationalsozialistische Deutschland eine Atombombe bauen könnte – das war die Befürchtung, die die amerikanische Regierung dazu trieb, die Entwicklung einer eigenen, amerikanischen Atombombe in die Wege zu leiten. Das sogenannte Manhattan-Projekt war geboren. Oppenheimer wurde 1942 zum Leiter des Forscherkreises eben dieses Projektes und hatte damit eine wichtige Aufgabe: Er sollte die besten Wissenschaftler Amerikas für dieses Projekt gewinnen, denn sie sollten an der Entwicklung der Atombombe forschen. Er selbst ließ schließlich das Projekt in die Wüste von New Mexico verlegen, in der daraufhin das Los Alamos National Laboratory errichtet wurde.

Nach Jahren der Forschung und Entwicklung hatte das Projekt fatalen Erfolg. Die erste Atombombe der Welt mit dem Namen „The Gadget“ bzw. dem Codenamen „Trinity“ wurde am 16. Juli 1945 um 5:29:54 Uhr auf dem „White Sands Missile Range“-Testgelände gezündet.

…und danach.

All das führte zu dem Abwurf der Atombomben „Little Boy“ auf Hiroshima und „Fat Man“ auf Nagasaki noch im selben Jahr 1945 – zwei Städte, die uns allen auf erschreckende Art bekannt sind. Mehr als 150.000 Menschen starben unmittelbar nach dem Abwurf durch die Druckwelle der Bombe, Verbrennung der Haut und Brände in den Städten. Weitere 90.000, so zumindest die offiziellen Angaben, sollten noch den Spätfolgen, meist extreme Belastung durch radioaktive Strahlung, zum Opfer fallen.

Die amerikanische Regierung stoppte hier jedoch nicht, denn die noch größere und zerstörerische Wasserstoffbombe sollte entwickelt werden. Oppenheimer widersetzte sich dem, nachdem er die katastrophalen Bombenabwürfe mitverfolgt hatte und in einen moralischen Kampf mit sich ging. Daraufhin wurde ihm Geheimnisverrat und Sympathisieren mit den Kommunisten vorgeworfen, er geriert in Konflikt mit Lewis Strauss, dem Vorsitzenden der Atomic Energy Commission (AEC), wurde vom FBI durchleuchtet und es wurde versucht, ihn mit einer Sicherheitsanhörung 1954 politisch mundtot zu machen. Schließlich wurde ihm seine „Clearance“, seine Erlaubnis, an geheimen Projekten mitzuarbeiten, entzogen.

Erst neun Jahre später wird die Arbeit Oppenheimers offiziell gewürdigt und 1963 wurde ihm auf Vorschlag John F. Kennedys, der inzwischen Präsident der Vereinigten Staaten war, der Enrico-Fermi-Preis verliehen, ein Preis, der jedes Jahr von der AEC für besonderen Einsatz in der Kernenergie vergeben wird.

Die Entscheidung zum Entzug seiner Clearance wurde erst vergangenes Jahr, 2022, wieder symbolisch zurückgenommen.

Robert Oppenheimer verstirbt am 18. Februar 1967 mit 62 Jahren infolge von Kehlkopfkrebs.

J. Robert Oppenheimer (Cillian Murphy) und Kitty Oppenheimer (Emily Blunt)

Der neue, erfolgreiche Film von Christopher Nolan

Genau mit diesem historischen Kontext befasst sich letztendlich also auch der Film „Oppenheimer“.

Mit einer Länge von 180 Minuten – man könnte sich durchaus überlegen, ein Sitzkissen mitzunehmen – nimmt sich der Film viel Zeit für die Entwicklung der Handlung und gibt einen eindrucksvollen Eindruck in den Kopf und das mentale Befinden des Wissenschaftlers Oppenheimer. Denn auch, wenn viele Zuschauer auf die gewaltige Explosion des Film-Äquivalentes von „Trinity“, die den ganzen Kinosaal für einen kurzen Augenblick in einen Erdbeben-Hotspot verwandelt, steht Oppenheimer selbst als Person deutlich im Vordergrund der gesamten Handlung. Wie war seine persönliche Lebensentwicklung? Wie „tickt“ der hochbegabte, aber auch egozentrische „Vater der Atombombe“? Wie ließ er sich dazu bewegen, die Forschung an einer Massenvernichtungswaffe voranzutreiben? Welche Gedanken plagten ihn davor, währenddessen und danach? Wie litten seine Psyche, aber auch seine Nächsten darunter?

Besonders in Bezug auf die letzte Frage sollte auch genannt werden, dass sich der Film nicht „nur“ auf die Entwicklung der Atombombe mit Oppenheimers ausschlaggebender Mitwirkung bezieht. Genauso einen großen Platz nimmt auch sein Privatleben mit seinen Freunden, Lieben und Kindern ein. Dabei setzt Nolan auch wieder auf eine phänomenale, musikalische Untermalung mit dem Soundtrack von Ludwig Göransson. Wer auf Social Media unterwegs ist, wird vielleicht schon auf das ein oder andere Kurzvideo mit dem Filmsoundtrack gestoßen sein, und das völlig zurecht. Denn ähnlich wie etwa bei meinem persönlichen „Best-Film-Ever“ Interstellar, bei dem Hans Zimmer für die musikalische Untermalung verantwortlich war, riss auch Oppenheimer mich nicht zuletzt wegen der Musik komplett in die Handlung hinein und meine Augen klebten förmlich an der Leinwand und ließen sich nur mit Gewalt wieder lösen. Punktgenau weiß der Film das innere Durcheinander des Physikers in Video und Ton wiederzugeben. Faszination, Angst, Ruhm, Demütigung, Verzweiflung, Forscherdrang bis hin zu völliger Erschütterung. Keine Sekunde verstreicht, in dem die enorme Zerstörungsgewalt des Resultats des Manhattan-Projektes dem Zuschauer nicht im Nacken sitzt, während die dargestellten Personen selbst nicht genau zu wissen scheinen, was tatsächlich passiert, wenn der allererste Test erfolgt, es keinen Weg zurück mehr gibt und sich alle bewusst sind: Egal, was nun passiert, diese Sekunden werden die Welt für immer verändern.

„Oppenheimer“ ist kein Actionfilm, das sollte Interessierten bewusst sein. Der Film besteht heruntergebrochen zu großen Teilen aus Dialog, der jedoch an keiner Stelle überflüssig oder streckend wirkt. Gerade die Aussagen der Schauspieler und ihre perfekt gespielten Reaktionen, auf die sämtliche Elemente des Films großen Wert legen und zielsicher untermalen, ließen die drei Stunden für mich im Flug vergehen. „Wie? So schnell? Wir haben doch erst…oh, ups. Doch schon so spät.“. Zugegeben, das war nicht ganz meine erste Reaktion, das Ende des Filmes ließ mich doch sehr nachdenklich zurück. Aber mehr dazu natürlich nicht!

Lewis Strauss, gespielt von Robert Downey Jr.

Ich schätze, mein Fazit liest sich fast schon von selbst. Oppenheimer war für mich einer der besten Filme, die ich in einem Kino bisher sehen durfte. Er schafft es, die verheerende Tragweite der Erfindung und letztendlich technischen Umsetzung der Atombombe nur allzu deutlich vor Augen zu führen und lässt uns ein paar Momente brauchen, bevor wir nach dessen Ende in unseren Alltag zurückfinden. Gleichzeitig erfahren wir filmisch, welchen enormen Einfluss Wissenschaft auf unser aller Leben und das wohl sämtlicher nachfolgenden Generationen haben kann, sobald sie, in diesem Fall auf erschreckende und katastrophale Art und Weise, politische Bedeutung findet.

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