Der 2020 erschienene Science-Fiction- und Fantasy-Roman „Vortex – Der Tag, an dem die Welt zerriss“ ist der erste Band der „Vortex“-Trilogie von Anna Benning und spielt Ende des einundzwanzigsten Jahrhunderts, einige Jahrzehnte nach der sogenannten großen Vermengung, die weite Landstriche unbewohnbar machte und einige Menschen mit den Elementen der Natur vermengte.
Elaine arbeitet bereits seit Jahren darauf hin, eine Vortex-Läuferin zu werden, um gegen die Gefahr vorzugehen, die die Vermengten verursachen. Die Vortexe, deren Energie die Welt beinahe zerstört hätte, ermöglichen es innerhalb kürzester Zeit wie durch ein Portal von Ort zu Ort zu springen. Gelingt der Sprung jedoch nicht, ist der Energiewirbel tödlich.
Die bevorstehende Prüfung ist Elaines große Chance, unter den Gewinnern zu landen und damit zur Läuferin ernannt zu werden. Als der Wettkampf rund um die Welt beginnt und sie und die anderen Anwärter zum ersten Mal durch einen richtigen Vortex springen, um zu beweisen, was sie in den Simulationsstunden gelernt haben, entdeckt Elaine eine Macht in sich, die eigentlich gar nicht existieren könnte.
Innerhalb weniger Stunden ändert sich ihr Leben völlig und Elaine beginnt sowohl zu hinterfragen, welche Seite tatsächlich die ist, von der die Gefahr ausgeht, als auch, wem sie trauen kann. Es scheint, als könne ihr nur der Junge, der sie zu hassen scheint, helfen zu überleben und die Gefahr abzuwenden. Werden sie es gemeinsam schaffen, das Sterben vieler Unschuldiger zu verhindern?
Textausschnitt:
„Hinter uns knarzte und knackte es. Dort, wo Mia stand, war der gefrorene See noch intakt. Sie warf uns wütende Blicke zu und kämpfte sich Schritt für Schritt auf das Ufer zu. Von hier aus konnte ich die Beschaffenheit des Sees viel besser erkennen. Und ich konnte den türkisfarbenen Fleck sehen, wo das Eis besonders dünn war. Der Fleck, auf den Mia unversehens zusteuerte.
Schon war ein spitzes Kreischen zu hören, und Mia krachte samt perfekter Flechtfrisur in den See. Sie ruderte mit den Armen, tauchte unter und wieder auf, versuchte vergebens, sich an den abgesplitterten Eisplatten hochzuziehen.
„Komm schon!“, rief Luka mir zu und deutete auf die Bergseite, die von hier aus in einem weiten Bogen zu erreichen war. Der Vortex flimmerte dort mit unverminderter Kraft.
Holden war längst verschwunden, und auch Luka rannte los, um es ihm nachzutun.
Ich jedoch zögerte. Der Junge vom letzten Vortexrennen kam mir in den Sinn. Der Junge, der trotz seiner schützenden Uniform nicht mehr gerettet werden konnte und in einem Eissee wie diesem erfroren war.
Seine Eltern hatten mit Tränen in den Augen Interviews gegeben und gesagt, wie stolz sie waren, dass ihr Sohn im Dienste des Kuratoriums sein Leben gelassen hatte.
Egal, wie gemein Mia in den letzten Jahren zu mir gewesen war, egal, wie oft sie Luka schikaniert hatte, weil er anders war … Ich konnte sie nicht zurücklassen. Nicht, wenn ich ihr einfach nur vom Ufer aus eine Hand reichen musste, um sie rauszuziehen.
Doch bevor ich mich umdrehen konnte, drückte mich schon jemand zur Seite. Mia hatte sich allein aus dem Eisloch befreit und warf sich mit ihrem klitschnassen Körper gegen mich, um an mir vorbeizukommen. Ich hielt mich an ihr fest, wir stolperten zusammen nach hinten … und direkt auf den Abgrund zu.
Als Mia auf den Boden krachte, brachte mich die Bewegung ins Taumeln. Ich ruderte mit den Armen, doch es gab nichts, woran ich mich festhalten konnte. Da waren nur die steil abfallende Flanke in meinem Rücken und der Eiswind, der mich unerbittlich hinabzog.
Ich konnte nicht einmal mehr schreien, als ich im freien Fall in die Tiefe stürzte.“
Meine Meinung
Ich finde, dass Anna Benning nicht nur durch ihren fesselnden Schreibstil überzeugen kann, sondern auch die etlichen unerwarteten Plottwists dafür sorgen, dass man den Roman nicht mehr freiwillig aus der Hand legen möchte. Am meisten mag ich an der Trilogie jedoch, wie Anna Benning es schafft, das Problem von Rassismus durch den Konflikt zwischen den Vermengten und den Anhängerinnen und Anhängern einzufangen. Zwar bilden auch in diesem Roman Ausnahmen die Regel und es stehen nicht ausschließlich alle Menschen den Vermengten feindselig gegenüber, doch die bewusste Ausgrenzung, Beleidigung und Erschaffung von Feindbildern, die nicht den wahren Gegebenheiten entsprechen, sowie die Vorurteile über die Vermengten spiegeln im Endeffekt genau unsere Gesellschaft im Umgang mit Minderheiten wieder. Daher ist das Lesen der „Vortex“-Trilogie als Science-Fiction- und Fantasy-Roman nicht nur ein netter Zeitvertreib, sondern regt darüber hinaus dazu an, unsere eigene Gesellschaft mitsamt all ihrer Strukturen, aber auch uns selbst zu hinterfragen, denn möglicherweise ist auch in unserem Fall nicht alles, was uns von klein auf beigebracht wurde, tatsächlich richtig.
Alle Teile der Vortex-Trilogie kannst du in der Bücherei unserer Schule ausleihen.
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