Am 10. Dezember wird im Kreis Neuwied das gesamte Busnetz einmal auf den Kopf gestellt. Doch warum eigentlich? Was passiert mit meinem Schulbus? Und kann ich mein Deutschlandticket nun vielleicht auch außerhalb der Schulzeiten öfter benutzen?
An dem genannten Sonntag werden alle bisherigen Linien und Verbindungen eingestellt und durch etwas ganz Neues ersetzt. Ein Beispiel an der Relation Puderbach – Dierdorf – Neuwied. Aktuell gibt es hier zwei Linien: Die 104 verbindet Puderbach und Dierdorf zwischen sechs Uhr morgens und sechs Uhr abends etwa einmal die Stunde. Wer am Wochenende fahren möchte, hat Pech gehabt. Die Linie 103 verbindet etwa alle zwei Stunden zuzüglich ein paar Verstärkern Dierdorf mit Neuwied. Nur samstags gibt es hier früh morgens eine Fahrt hin und mittags zurück. Die Nachteile sind offensichtlich:
- Verwirrende Fahrzeiten, die sich über den Tag hinweg auch mal um fünf Minuten verschieben und schwer zu merken sind
- Schwer zu verstehende Durchbindungen von einer Fahrt auf die andere, die für Verwirrung bei Fahrgästen sorgen (manche Fahrten sind durchgebunden, andere nicht)
- Fehlende Fahrtmöglichkeiten am Wochenende und am Abend, oder auch am Vormittag
- Niedrige Mobilität für Schülerinnen und Schüler abseits der Standartschulbusse
- Geringe Fahrgastzahlen und schlechte Wirtschaftlichkeit des Busverkehres
Deshalb muss dringend was an dem bestehenden Busnetz geändert werden. Doch warum werden nicht einfach die bestehenden Liniennummern beibehalten und nur die Anzahl an Fahrten erhöht? Dafür gibt es mehrere Gründe. Einmal ist es die fehlende Differenzierbarkeit der verschieden Linien, wieder beispielsweise die Linie 103. Aktuell werden alle Fahrten auf dem Korridor Dierdorf – Anhausen – Neuwied als 103 geführt, egal, ob sie in Dierdorf oder Dernbach starten, Thalhausen anbinden oder nicht, oder schon in Anhausen enden. Das kann vor allem für neue Nutzer sehr verwirrend sein. Zukünftig werden alle Fahrten im regelmäßigem Stundentakt als Linie 100 geführt und alle Fahrten, die hauptsächlich für Schüler sind, werden als Linie 104 geführt.
Ein weiterer Grund ist, dass bisher ziemliches Chaos bei der Nummerierung der Linien herrschte, und es gab praktisch kaum Zusammenhang zwischen Liniennummer, Ort und Taktung. Zukünftig fahren beispielsweise alle Linien, die mit 10X und 11X beginnen im Bereich Dierdorf und alle Linien mit 13X und 14X im Bereich Neustadt (Wied). Die Linien 180 und 183 werden in Linz gebraucht und stehen deshalb dem Dierdorfer Schulverkehr nicht mehr zur Verfügung. So werden auch die neuen Linien auch direkt hierarchisch geordnet. So haben die wichtigsten Verbindungen, sogenannten regionalen Hauptlinien, die Nummern mit der Null am Ende und die lokalen Hauptlinien die mit der fünf am Ende und so weiter.
Zuletzt muss man auch sagen, dass sich zum Teil auch die Relationen ändern, auf denen die Linien unterwegs sind. Beispielsweise die Linie 117 nach Neuwied wird es so nur noch im Schülerverkehr geben. Alle Regelfahrten fahren nun als Linie 110 nach Koblenz. Deshalb hat man sich in ganz Rheinland-Pfalz dazu entschieden, alle Liniennummern komplett neu zu vergeben.
An den Schulbussen wird sich praktisch außer den neuen Liniennummern nichts ändern. Nur im Regelverkehr bleibt kein Stein auf dem anderen. Generell sollen alle Orte über 200 Einwohner wochentags mindestens alle zwei Stunden an den öffentlichen Verkehr angebunden werden. Wie das in den einzelnen Ortschaften aussieht, möchte ich gleich noch detailliert beschreiben, vorher aber noch ein paar generelle Informationen. Um allen Dörfern einen Anschluss unter anderem nach Neuwied und Koblenz zu gewährleisten, gibt es sogenannte Knotenpunkte, an denen man leicht umsteigen kann. So treffen sich zur halben Stunde fast alle Busse in Puderbach und zur vollen Stunde alle in Dierdorf, sodass genug Zeit zum Umsteigen bleibt. Außerdem wird es auch nagelneue Busse geben, die zum Teil auch mit WLAN ausgestattet werden sollen, jedoch ist fraglich, ob dass bis Betriebsstart klappt. Die aktuellen Verspätungsdaten sollen auch dann in der VRM Fahrplan App zu finden sein, wo ihr dann unter anderem schauen könnt, ob euer Bus pünktlich kommt oder nicht. Alle neuen Verbindungen können natürlich mit dem Deutschlandticket benutzt werden, was es für die meisten kostenlos macht, die Busse zu nutzen. Eine andere wichtige Neuerung ist nun auch die Verwendung von ALFs (Anruf-Linien-Fahrt), Busse, die man eine Stunde vor Fahrt anrufen muss, der aber dafür auch schwach frequentierte Verbindungen ergänzen kann, ganz nach dem Motto: Besser Rufbus als Keinbus.
Nun werde ich also die Anbindung der verschiedenen Dörfer skizzieren.
Dierdorf, Rüscheid und Anhausen
Die Linie 100 fährt von fünf, beziehungsweise sieben Uhr montags bis sonntags im durchgehenden Stundentakt von Dierdorf über Rüscheid und Anhausen nach Neuwied, mit Anschluss an die Regionalbahn nach Köln und Koblenz. Von Dierdorf gibt es zusätzlich alle zwei, im Berufsverkehr jede Stunde, den Bus 110, der direkt nach Koblenz über Maischeid fährt und schneller ist, als die Umsteigeverbindung über Neuwied. Die letzten Busse fahren jeweils gegen elf ab, mit Ankunft in Dierdorf um Mitternacht. Die Schulbusse der bisherigen 103 werden mit den selben Fahrzeiten als Linie 104 durchgeführt
Horhausen, Hümmerich, Oberhonnefeld-Gierend, Straßenhaus, Ehlscheid, Rengsdorf und weitere
Das neue Busnetz ist in diesem Bereich in Form der Linien 120 und 160 schon vor fast drei Jahren gestartet. Neu ist nur die regelmäßige Querverbindung 140 von Straßenhaus nach Neustadt (Wied), die den positiven Effekt hat, dass Hümmerich nun auch Montags bis Sonntags ans Busnetz nach Neuwied angeschlossen ist. Die Linie 183 wird als 113 unverändert übernommen.
Puderbach, Hanroth, Raubach und Wienau
Montags bis freitags fährt alle Stunde, beginnend um kurz vor fünf, ein Bus der Linie 100 über Dierdorf direkt nach Neuwied, mit Anschluss an die Regionalbahnen nach Köln und Koblenz. Am Wochenende fährt der Bus nur alle zwei Stunden, jedoch gibt es für Puderbacher die Möglichkeit in der anderen Stunde eine ALF nach Anhausen zu bestellen und da nach Neuwied umzusteigen. Um auf dem Weg nach Koblenz Zeit zu sparen kann man in Dierdorf auf die Linie 110, die auf direktem Weg über Maischeid nach Koblenz fährt umsteigen. Die letzte Abfahrt ist in Neuwied gegen Viertel nach elf mit Ankunft nach Mitternacht in Puderbach. Die Schülerfahrten der Linie 104 werden auf die Linie 108 übernommen.
Brückrachdorf, Stebach und Kausen
Diese drei Orte werden zukünftig werktags von einer zweistündlichen Rufbus-Linie 112 bedient, die Kleinmaischeid mit Dierdorf verbindet. Man kann entweder am Markt aussteigen mit Anschluss an Busse nach Puderbach, Neuwied und Koblenz, oder man kann bis zum SZ-Center durchfahren. Die Schülerfahrten bleiben als 112 für Stebach und Kausen bestehen und bieten vereinzelt auch Fahrtmöglichkeiten direkt nach Neuwied. Die einmal tägliche Grundschülerfahrt 148 bleibt als 119 bestehen, während die Schülerfahrten der Linie 104 in Brückrachdorf auf die Linie 108 übernommen werden.
Linkenbach und Dürrholz
Die Ortschaften Linkenbach, Muscheid und Daufenbach werden wochentags von der Linie 115 alle zwei Stunden an Straßenhaus und Puderbach angebunden. In Straßenhaus besteht ein schneller Übergang an die Linie 120 nach Neuwied und in Puderbach an die Linie 100 nach Dierdorf. Der letzte Bus startet kurz nach sieben in Straßenhaus. Die Schülerfahrten nach Dierdorf über Urbach werden von der Linie 114 übernommen.
Niederdreis, Hilgert, Woldert, Oberdreis, Rodenbach, Roßbach, Elgert und Maroth
In Oberdreis gibt es wochentags ab etwa fünf Uhr zwei zweistündliche Rufbus-Linien und zwar die Linie 101, die Rodenbach über Lautzert, Oberdreis, Woldert, Hilgert und Niederdreis mit Puderbach verbindet. In Puderbach besteht Übergang an die Linie 100 über Dierdorf nach Neuwied. Außerdem startet in Oberdreis noch die Linie 118 nach Dierdorf über Roßbach, Elgert und Maroth. Man kann entweder zum Krankenhaus (man wäre passend zur dritten Stunde an der Schule) und SZ-Center durchfahren oder man steigt in der Innenstadt aus und hat wieder Übergang zur Linie 100 nach Neuwied/Puderbach oder zur 110 über Maischeid nach Koblenz. Die Schülerbusse der Linie 180 fahren demnächst unter der Linie 118 mit gleichen Zeiten weiter.
Reichenstein, Haberscheid, Seifen, Döttesfeld, Breitscheit und Bauscheid
Die Linie 102 verbindet nach Anruf ab fünf Uhr alle zwei Stunden zukünftig unter anderem diese Orte mit Puderbach, wo Umstieg zur Linie 100 nach Dierdorf und Neuwied besteht. Der Schülerbus der heutigen Linie 102 fährt genau gleich weiter. Zusätzlich gibt es an Schultagen noch einzelne Fahrten der Linie 115, die die Orte mit Straßenhaus verbinden.
Giershofen, Kleinmaischeid, Großmaischeid und Isenburg
Die Buslinie 110 verbindet Montags bis Freitags ab fünf Uhr alle zwei Stunden Dierdorf mit Koblenz über Giershofen, Großmaischeid, Kleinmaischeid, Isenburg, Bendorf und Vallendar. In Vallendar besteht dann Übergang zu den Zügen nach Neuwied und Köln. Außerdem gibt es im Berufsverkehr einige Verstärker zum Stundentakt. Am Wochenende fahren die Busse ab sieben Uhr morgens auch im Zweistundentakt. Jedoch gibt es hier bis Juli nächsten Jahres eine Besonderheit. Aus organisatorischen Gründen gibt es pro Richtung jeweils vier Fahrten, die noch nicht angeboten werden, da zu ähnlichen Zeiten die Bestandslinie 160A fährt und man doppelte Verkehre vermeiden wollte. Diese fährt aber leider Großmaischeid und Giershofen nicht an. Die Schülerverkehre übernimmt die 112, die auch einzelne Fahrten an Schultagen direkt nach Neuwied anbietet. Die Anrufverkehre dieser Linie können auch als Ergänzung zum Stundentakt Montag bis Freitag für Großmaischeider verwendet werden oder um früh in Dierdorf zu sein.
Urbach, Dernbach, Niederhofen, Harschbach und Thalhausen
Die Dörfer werden zukünftig montags bis freitags ab kurz vor sechs Uhr alle zwei Stunden, sowie am Wochenende ab acht Uhr mit dem Bus nach Anhausen und Puderbach angeschlossen. In Puderbach besteht dann Übergang zur Linie 100 nach Dierdorf. Zur Linie 100 kann man auch in Anhausen umsteigen, dann aber nach Neuwied und mit Anschluss zur Regionalbahn nach Köln und Koblenz. Die letzte Abfahrt aus Neuwied gegen Viertel nach elf der Linie 100 bietet in Anhausen die Möglichkeit auf einen Rufbus umzusteigen, sodass man kurz nach Mitternacht zu Hause ist. Der Zweistundentakt am Wochenende und die Fahrten nach neunzehn Uhr werden nur nach Anruf bedient An Schultagen gibt es zusätzlich noch ein paar umsteigefreie Verbindungen nach Neuwied. Die Schulfahrten der Linie 147 werden als 114 weitergeführt. Thalhausener Schüler kommen mit der Linie 104 zur Schule.
Wie man sieht gibt es nun also echt viele neue Verbindungen und Freiheiten, auch ohne Auto mobil zu sein. Jedoch gibt es meiner Meinung nach auch ein paar Probleme mit dem neuen Busnetz. Zum Bespiel gibt es häufiger den Fall, dass Anruf-Linien-Fahrten an Schultagen ausfallen, weil fast parallel Schulbusse fahren. Jedoch kommt es dadurch häufiger dazu, dass Umstiege in Dierdorf und Puderbach nicht erreicht werden können. Beispiel dafür ist die Fahrt der Linie 118, die einen Rufbus ersetzt, aber nicht pünktlich zur Abfahrt der Busse nach Neuwied und Koblenz in Dierdorf ist. Ein anderes Problem ist die fehlende Anbindung der über dreitausend Einwohner vom Kirchspiel Urbach an Dierdorf, das man auch mit einer Rufbuslinie regeln könnte. Diese Querverbindungen habe andere Landkreise, wie Mayen-Koblenz oder Cochem-Zell besser hinbekommen. Auch nicht gelungen ist die Anbindung von Brückrachdorf, die viel zu dünn und nur bei Anruf ist. Da hätte man eine kleine Stadtbuslinie sicher hinbekommen. Auch eine fehlende Spät- und Wochenendbedienung von der Linie 115 finde ich nicht gelungen. Es gibt am Wochenende keine Verbindung von Straßenhaus nach Dierdorf ohne Umweg über Neuwied. Auch manche Industriegebiete, wie Dernbach oder Dürrholz sind nicht angebunden. Durch das Dürrholzer Industriegebiet fährt der Bus sogar durch, jedoch ohne Haltestelle.
Das neue Busnetz ist also meiner Ansicht nach nicht das Ziel, sondern eher der erste Schritt in Richtung Mobilitätswende. Die ersten Wochen nach Start könnten erstmal etwas chaotisch werden, aber das wäre normal. Im Kreis Mayen-Koblenz hat der eine Betreiber direkt mit allen Fahrten an den Start gehen können, während der andere etwa zwei Monate mit vielen Ausfällen gebraucht hat. Es bleibt also abzuwarten wie der Betriebsstart bei uns laufen wird. Aber wie heißt es so schön: Alles kann nichts Bus.
Im Westerwaldkreis wird sich die Implementierung noch eine Weile hinziehen. Während im östlichen Westerwaldkreis der Busverkehr für August nächsten Jahres ausgeschrieben ist, wird sich der Vorgang rund um Selters und Hachenburg noch bis 2028 hinziehen.
Also hoffe ich, dass diese Veränderungen den ein oder anderen dazu bewegen, etwas für die Umwelt zu tun und ohne Auto zum Shoppen, Feiern oder Freunde Besuchen zu fahren oder einfach mal auf Reise in entfernte Städte zu gehen. Es gibt auch die Möglichkeit verschiedene Verkehrsmittel zu kombinieren, indem ihr beispielsweise mit Auto oder Fahrrad nach Dierdorf fahrt und dann entspannt mit dem Bus weiter nach Koblenz. Die Fahrradmitnahme ist übrigens außerhalb des morgendlichen Berufsverkehrs kostenlos möglich. Schreibt uns mal, ob ihr euch vorstellen könnt das neue Angebot zu nutzen.
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