Wie Kakao-Konzerne Kinder kaufen


Großunternehmen wie Nestlé kaufen sehr günstigen Kakao ein und können kaum bis gar nicht nachverfolgen, wo dieser Kakao herkommt – geschweige denn auf welcher Farm, von wem und unter welchen Bedingungen er angebaut und geerntet wurde. Es ist einer der unangenehmsten Widersprüche der westlichen Konsumwelt und beruht auf der Ausbeutung von Kindern in anderen Teilen der Welt. In diesem Artikel erfahrt ihr mehr über diese Thema.

Erklärung

Drei Millionen Farmen in Westafrika, Zentralamerika und in Ländern im zentralasiatischen Raum bauen Kakao auf Plantagen an. Die Elfenbeinküste und Ghana stehen an der Spitze der Kakaoproduktion. Allein aus der Elfenbeinküste kommen 40 % des Rohkakaos, der auf dem Weltmarkt gehandelt wird. Auf vielen Farmen arbeiten auch Kinder beim Kakaoanbau und der Kakaoernte mit. Die Elfenbeinküste mit 24 Millionen Einwohnern gehört einem UN-Index zufolge zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Die Kakaobauern sind den Kräften des Weltmarktes ausgeliefert: Eine Tonne Kakaobohnen kostete 2014 in New York noch etwa 3200 US-Dollar, inzwischen sind es nur noch 1900 US-Dollar. Im Vorjahr bekamen Bauern einen Fixpreis von umgerechnet knapp 1700 Euro pro Tonne, jetzt nur noch 1100 Euro. Die niedrigen Kakaopreise lassen die Kleinbauern verarmen.

Die Elfenbeinküste hat die Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) unterschrieben, sie soll Minderjährige vor den schlimmsten Formen von Kinderarbeit schützen. Eine Kampagne der First Lady, Präsidentengattin Dominique Ouattara, ermahnt die Bauern, ihre Kleinsten zur Schule zu schicken, und nicht aufs Feld. Doch Kinderarbeit ist in der Landwirtschaft eher die Regel als die Ausnahme, und besonders auf den Kakaoplantagen müssen Kinder mithelfen und arbeiten. Nachgewiesen sind auch Fälle von Kinderhandel:  Lohnsklaven, zwischen fünf und fünfzehn Jahren alt, werden nach wie vor in Burkina Faso oder in Mali gekauft und müssen auf den Plantagen in der Elfenbeinküste arbeiten. Nach wie vor arbeiten in Westafrika fast zwei Millionen Kinder auf Kakaoplantagen. Sie sind damit ein großer Bestandteil im Produktionsprozess für Schokoladenprodukte.

Die Frist von 2020, die sich die größten Hersteller wie Mars, Nestlé und Hershey gesetzt haben, lief 2020 ab: Die großen Konzerne versprachen bedeutend weniger von Erzeugnissen aus Kinderarbeit abhängig zu sein. Die Bekundungen der Industrie zeigen jedoch, dass man nicht weiter von diesem Ziel entfernt sein könnte. Nach wie vor können die großen Unternehmen in vielen Fällen nicht ausschließen, Produkte aus Kinderarbeit zu verkaufen. Die Frist von 2020 verstrich, ohne nennenswerte Verbesserungen erreicht zu haben. Genau wie die Fristen vor ihr.

Und das ist der Grund, warum sich die Lage in den letzten Jahren verschlechtert hat, was auch mehr als 200 Seiten des National Opinion Research Center (NORC) der Universität Chicago detailliert zeigen. Die Wissenschaftler haben Daten verglichen, die in den Haupterntesaisons 2008/09, 2013/14 und 2018/19 erhoben wurden.

Die Kinder auf den Farmen

Auf Kakaofarmen in Westafrika arbeiten Studien zufolge mehr als zwei Millionen Minderjährige. Und laut Unicef übernehmen 200.000 Minderjährige auf Kakaoplantagen in Mittel- und Westafrika ausbeuterische, für Kinder ungeeignete Arbeiten. Mindestens 16.000 Kinder werden zu dieser Arbeit gezwungen, also förmlich versklavt. Nicht selten sind es Kinder, die aus den noch ärmeren Nachbarländern Mali und Burkina Faso geflohen sind oder gar entführt wurden, und manchmal für immer von ihrer Familie getrennt bleiben. Andere Familien geben ihre Kinder aus purer Armut freiwillig an die ausbeuterischen Plantagenbesitzer, auch weil sie oft nicht wissen, was dort genau passiert.

Kinder, häufig nicht älter als fünf und meist aus ärmsten ländlichen Verhältnissen, müssen harte und äußerst gefährliche, körperliche Arbeiten verrichten, sie schuften auf den Plantagen meist über zwölf Stunden am Tag, sieben Tage die Woche bei hoher Hitze, und das bei gefährlichen Arbeitsbedingungen. Hierbei zählt der Gebrauch scharfer Werkzeuge wie Macheten 35% Prozent der Kinder, das Tragen schwerer Lasten 28% (also 40 kg schweren Säcken), Landräumungsarbeiten 18% (also sie tragen schwere Lasten und müssen Bäume fällen) und die Exposition gegenüber Agrochemikalien (also arbeiten mit hochgiftigen Pestiziden ohne Schutzkleidung). Der Anteil der Kinder, die Chemikalien ausgesetzt sind, hat sich in den vergangen zehn Jahren von 5% auf 24% fast verfünffacht. Und bei diesen ganzen Arbeiten erhalten sie sehr wenig Nahrung und Wasser und werden allgemein einseitig und vor allem billig ernährt.

Die Folgen für ihre Gesundheit sind verheerend: Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen, starke Migräne und Fieber durch die Pestizide, Brüche und Schnittverletzungen durch die scharfen Macheten. Im Krankheitsfall erfahren die Kinder jedoch oftmals keine Behandlung. Für ihre schwere Arbeit bekommen die meisten nur einen Hungerlohn, also geradeso genügend Geld, um zu überleben und einige verdienen sogar gar nichts. Zudem können die Kinder keine Schule besuchen und haben somit auch keine  Aussicht auf eine bessere Zukunft.

Die Studie stellt hier einen Zusammenhang her mit den Nachhaltigkeitsprogrammen von Unternehmen. Die setzen darauf, die Erträge auch durch den verstärkten Einsatz von Dünger und Pflanzenschutz zu erhöhen, worunter viele Kinder in der Produktion leiden.

Zu den wenigen positiven Entwicklungen gehört, dass mehr Kinder in die Schule gehen als noch vor zehn Jahren. Bei den Fünf- bis Elfjährigen sei der Anteil von 80% auf 94% gestiegen, bei den 15- bis 17-Jährigen von 64% auf 79%.

Journalisten der Washington Post reisten zu Recherchezwecken in drei Kakaoanbaugebiete der Elfenbeinküste. Die Arbeiter, mit denen sie dort sprachen, waren zwischen 13 und 18 Jahren alt und arbeiteten teilweise seit ihrem elften Lebensjahr auf Kakaoplantagen. Für die harte und gefährliche Tätigkeit bekommen die Jugendlichen weniger als 1 $ am Tag. Sie wohnen in selbstgebauten Hütten im Wald, trinken milchig-weißes Wasser aus einem nahegelegenen Teich und klagen über Hunger. Dabei besteht dringender Handlungsbedarf. Denn die Situation auf den Plantagen in Ghana und der Elfenbeinküste, beide Länder machen zusammen etwa 70 Prozent der globalen Kakaoproduktion aus, ist ernst.

Jeder weitere Tag ohne ernstgemeinte und zielführende Maßnahmen bedeutet einen weiteren Tag des Leids.

Du möchtest wissen, warum Kinderarbeit noch immer existiert und was du selbst dagegen tun kannst? Finde es heraus in dem nächste Woche folgenden Artikel zu diesem Thema.

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